Presse 2020
Mitteilungen in der öffentlichen Presse.
Gäste aus Trier besuchen Partnerstadt Weimar
Pressemitteilung TA vom 31.07.2020
Zwei Männer aus Trier haben die 560 Kilometer bis Weimar auf Fahrrädern zurückgelegt.
Seit 35 Jahren gehört Rainer Lehnart dem Stadtrat in Weimars Partnerstadt Trier an. Als
er am Freitag in Weimar ankam und ihn Oberbürgermeister Peter Kleine in Feuerwehrkluft
begrüßte, da musste auch das erfahrene Ratsmitglied staunen.
Die Aufklärung war einfach: Der OB absolviert seit Freitagmorgen eine Dienstschicht bei
der Feuerwehr und hatte sich für die Begrüßung der Trierer (und für die Trauerfeier von
Wolfgang Knappe) ausgeklinkt.
Rainer Lehnart hat mit Heiner Schneider seit dem 23. Juli 560 Kilometer in acht Etappen
auf dem Fahrrad nach Weimar zurückgelegt. Nur ein Regenerationstag lag dazwischen. Die
letzte Etappe von Erfurt nach Weimar war eine sehr kurze. – Am Wochenende wollen beide
die Partnerstadt erkunden. Am Sonntag geht es im Zug zurück.
Gäste aus Trier in Weimar.
Von links: Bürgermeister Ralf Kirsten, Heiner Schneider, Elke Mohnhaupt-Schmidt, Rainer
Lehnart, Oberbürgermeister Peter Kleine und Karsten Blume.
Foto: Martina König / Stadt Weimar
So feierten Ost und West die ersehnte Einheit
Pressemitteilung Trierer Volksfreund vom 03.10.2020
von Helmut Schröer
Trier Letzter Teil der Serie zur deutsch-deutschen Städtepartnerschaft: Wie die großen Festakte am 3. Oktober 1990 abliefen, wie Bürger die Einheit mit Leben füllen und was den Umgang der Menschen aus Trier und Weimar miteinander ausmacht.
19. Oktober 1990:
Triers Oberbürgermeister Helmut Schröer (rechts) und
Weimars Oberbürgermeister Dr. Klaus Büttner unterzeichnen im Trierer
Rathaussaal die Erklärung zur Fortführung der Städtepartnerschaft.
Foto:
Josef Tietzen
Am 6. Mai 1990 fanden in der DDR die ersten demokratischen
Kommunalwahlen statt. In der konstituierenden Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung von Weimar am 6. Juni 1990 wurde Wolfgang
Hentzschel (CDU), Professor an der Hochschule für Architektur und
Bauwesen, zum neuen Oberbürgermeister gewählt. Aber bereits am 2. Juli
1990 erklärte er aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt.
Am 27. Juli 1990 wurde der von der CDU vorgeschlagene Verwaltungsjurist
Dr. Klaus Büttner mit Mehrheit zum neuen Oberbürgermeister der Stadt
Weimar gewählt. Am 23. August beschloss die DDR-Volkskammer mit großer
Mehrheit den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach
Artikel 23 des Grundgesetzes. Am Morgen des 20. September stimmte die
Volkskammer mit 299 gegen 90 Stimmen für den Einigungsvertrag. Ebenfalls
am 20. September 1990 erfolgte die Abstimmung des Bundestages: 442
Abgeordnete stimmten für, 47 Abgeordnete gegen den Vertrag. Als Datum
für den Beitritt wurde der 3. Oktober 1990 beschlossen.
Den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 zu feiern, war für die
Partnerstädte Trier und Weimar selbstverständlich. Hatten sie doch die
Entwicklung von einem sehr schwierigen deutsch-deutschen Verhältnis im
Jahr 1986 (der Kalte Krieg bestimmte die politische Situation) bis zur
Wiedervereinigung miterlebt. Sie hatten ein Stück Geschichte über eine
lebendige Städtepartnerschaft mitgestaltet.
Der „Festplatz“ war in Trier vorgegeben: der Trierer Hauptmarkt. Er ist
ein Symbol für die Geschichte der Stadt. Für den Tag der Deutschen
Einheit am 3. Oktober 1990 war der Trierer Hauptmarkt der angemessene
Platz. Die Feier begann nachmittags gegen 17 Uhr. Der Hauptmarkt war
überfüllt.
Ein Redner war Regierungspräsident Gerhard Schwetje. Er richtete den
Blick nach Europa. In meiner Rede als Trierer Oberbürgermeister wies ich
auf die bevorstehenden großen Aufgaben hin. Wer die Planwirtschaft
abschaffe, lande nicht zwangsläufig in der Marktwirtschaft. Ich sagte:
„Wir stehen erst am Anfang eines geeinten Deutschlands, das durch eine
friedliche Revolution der Bürger und durch eine große politische
Leistung in Ost und West möglich geworden ist.“
Die Grüße der Partnerstadt Weimar übermittelte Asta-Sibylle Schröder,
die Weimarer Sozialdezernentin. Der Trierische Volksfreund stellte ihre
Rede an den Anfang der Berichterstattung über diesen großen Tag: „‚Mein
Herz ist voll!‘ Diese tief bewegenden Worte der Vertreterin der Stadt
Weimar drückten mehr aus als alle Festreden. Denn nur die Menschen, die
selbst die Tyrannei und Unfreiheit, die Bevormundung und Bespitzelung,
das Eingeschlossensein hinter Mauern und Stacheldraht in diesen 40
Jahren bis in die Privatsphäre der Familien hinein erdulden mussten,
können ermessen, was es heißt, in der Gemeinschaft eines freien Volkes
ihre Zukunft zu gestalten. Dass sie dabei unserer Hilfe und Solidarität
bedürfen, sollte für uns alle, die wir das Glück hatten, in einem der
freiheitlichsten Länder dieser Erde aufzuwachsen, ein Akt
selbstverständlicher Nächstenhilfe und Nächstenliebe sein.“
Den Abschluss des Tages bildete im Trierer Dom ein ökumenischer
Gottesdienst, in dessen Verlauf Superintendent Ernst Volk und Bischof
Hermann-Josef Spital zu den Gläubigen sprachen. Ein würdiger Abschluss
eines großen Tages in der langen Trierer Geschichte.
Natürlich wurde auch in der Partnerstadt Weimar angemessen gefeiert. Die
Grüße der Stadt Trier überbrachte Bürgermeister Walter Blankenburg. Im
Mittelpunkt der Veranstaltungen stand dort eine feierliche Versammlung
der Stadtverordneten im Deutschen Nationaltheater. Das „Thüringer
Tageblatt“ berichtete: „Die neue, alte Nationalhymne fand einen
wunderbaren Rahmen. (...) Fast andächtig und besinnlich, sich der
Tragweite ohne enthusiastischen Bombast bewusst, erhoben sich alle
Anwesenden und lauschten der von einem Teil der Staatskapelle
intonierten Hymne.“
Die deutsche Einheit war formal vollzogen. Es blieb die Frage, ob eine
deutsch-deutsche Städtepartnerschaft nach der Wiedervereinigung noch
eine Berechtigung habe. Denn eine Partnerschaft zwischen zwei Städten
aus demselben Land ist ungewöhnlich. Für Trier und Weimar gab es in
dieser Frage sehr schnell eine Übereinstimmung. Die Partnerschaft war
ein wertvolles Stück der Geschichte beider Städte. Konnte man sich aus
dieser Geschichte verabschieden?
Nachdem die frei gewählte Stadtverordnetenversammlung in Weimar bereits
am 31. August 1990 einstimmig die 1987 begründete Städtepartnerschaft
bestätigt hatte, erfolgte am 19. Oktober 1990 in Trier ein
entsprechendes Votum in einer feierlichen Stadtratssitzung. Eine
Erklärung zur Fortführung der Städtepartnerschaft wurde vom Weimarer
Oberbürgermeister und mir unterzeichnet. „Jeder, der die heute
unterzeichnete Urkunde mit der alten vergleicht“, sagte Klaus Büttner,
„wird den neuen Geist, den die politische Entwicklung der vergangenen
zwölf Monate hervorgebracht hat, verspüren. (...) Für Weimar kann ich
sagen, dass die politische Kraft, die uns in die Gemeinschaft der freien
Städte zurückgeführt hat, weiterwirken wird, fruchtbar werden wird für
ein Miteinander der Menschen in unseren Städten. Die Menschen selbst
werden die weitere Entwicklung gestalten.“
Sehr oft wurde am 3. Oktober und in den Wochen danach daran erinnert, es
sei nun wichtig, die Einheit mit Leben zu erfüllen; sie müsse vor allem
durch die Menschen vollzogen werden. Für die Deutschen in der ehemaligen
DDR war die Wiedererlangung der Freiheit, die Vereinigung, ein täglicher
Prozess mit großen Problemen. Vieles wurde anders. Und es stellte sich
heraus, dass Verständigungsprobleme zwischen den Menschen in Ost und
West noch vorhanden waren. Die Mauer in den Köpfen war noch nicht ganz
abgerissen. Die Folge war: Eine „Ossi-Wessi-Diskussion“ bestimmte lange
Zeit nach der Wiedervereinigung das menschliche Miteinander in
Deutschland.
Zwischen Trierern und Weimarern gab und gibt es diese Diskussion nicht.
Die Partnerschaft Trier-Weimar ist auch nach dem 3. Oktober 1990 bis
heute geprägt von zahlreichen Freundschaften, Begegnungen und Kontakten.
Heute leisten die beiden Partnerschaftsgesellschaften in Trier und
Weimar verdienstvolle Arbeit, die regelmäßig zu Begegnungen der Bürger
beider Städte führt.
Die Folgen dieses Miteinanders sind deutlich: Für die Trierer sind die
Weimarer keine Ossis, sondern Freunde, die man mit ihren Sorgen und
Problemen kennt. Für die Weimarer sind die Trierer keine Besserwessis,
sondern man schätzt sich entgegen aller oberflächlichen Vorurteile. Man
begegnet sich auf Augenhöhe.
Die deutsch-deutsche Städtepartnerschaft war 1987 ein erster, ein
mutiger Schritt. Wohin führte dieser Schritt? Es ist deutlich: Für die
innere Einheit in Deutschland, für das weitere Zusammenwachsen unseres
Landes sind deutsch-deutsche Städtepartnerschaften auch heute noch von
herausragender Bedeutung.
INFO
1990 – 2020: 30 Jahre Wiedervereinigung
(cus) Trier und Weimar, seit 1987 partnerschaftlich verbunden, standen
gemeinsam mittendrin in diesem wichtigen Abschnitt der deutschen
Geschichte. Darüber schreibt Helmut Schröer, 1989 bis 2007
Oberbürgermeister der Stadt Trier und Ehrenbürger der Stadt Weimar. Der
Trierische Volksfreund druckt diese Erinnerungen exklusiv in loser
Folge.
Bereits im Jahr 2012 ist im Paulinus-Verlag das Buch „Trier – Weimar:
Eine deutsche Städtepartnerschaft“ erschienen, das Helmut Schröer
gemeinsam mit Dieter Lintz verfasst hat, dem 2014 gestorbenen Leitenden
Redakteur des TV.
Am 3. Oktober 1990
feierten Tausende die deutsche Einheit auf dem Hauptmarkt in Trier,
darunter auch Gäste aus Weimar.
Foto: Archiv Helmut Schröer
Vor dem Weimarer
Rathaus weht auch die Trierer Stadtfahne mit Petrusfigur (links).
Foto: Archiv Schröer
Dezernentin
Asta-Sibylle Schröder überbringt am 3. Oktober 1990 in Trier Grüße aus
Weimar.
Foto: Archiv Helmut Schröer